31.7.14

Zoe Muth – World of Strangers

(Signature Sounds)

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Zoe Muth hat so eine Stimme und eine Art zu singen, wie ich sie einfach mag. Erinnert ein bisschen an Iris DeMent und an Eilen Jewell, zwei meiner Lieblings-Singer/Songwriterinnen. Ihr Debütalbum «Zoe Muth and The Lost High Rollers» stand auf Rang 10 meiner 2010-Jahres-Top-10, das Folgealbum «Starlight Hotel» 2011 auf Rang 7.
Inzwischen ist Zoe Muth von Seattle nach Austin, Texas gezogen. Das neue Album hat sie nicht wie die bisherigen mit den Lost High Rollers aufgenommen, sondern mit Studiomusikern in Austin: Brad Rice (electric guitar, b-bender, acoustic guitar, electric mandolin, bass), Georg Reiff (bass, vocals, percussion; er hat das Album auch produziert), Greg Nies (drums, percussion) und Sweney Tidball (piano, organ, keyboards, accordion). Dazu kommen bei einzelnen Songs weitere Musiker, darunter etwa Martie Maguire von den Dixie Chicks (violin, viola), Brian Standefer (cello) und Eric Hisaw (electric guitar) sowie als Sänger Bruce Robison sowie Jenn Miori und Beth Chrisman von The Carper Family. Die Arrangements sind im Vergleich zu den früheren Aufnahmen etwas üppiger und ausgefeilter geraten, obwohl die Songs das eigentlich gar nicht unbedingt brauchen. Neun der zehn Songs hat Zoe Muth geschrieben, das einzige Cover ist eine sehr schöne Interpretation des wunderschönen Songs «April Fool» von Ronnie Lane (war erstmals 1977 auf dem Album «Rough Mix» von Ronnie Lane & Pete Townshend zu hören).



28.7.14

The Iguanas – Juarez

(PFAM Records)

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Seit 25 Jahren spielen sie zusammen, The Iguanas aus New Orleans; «Juarez» ist ihr neuntes Album. Der Roots Rock, den Rod Hodges (guitar, accordion, vocals), Doug Garrison (drums, percussion), Rene Coman (bass, keyboards, tambourine, vocals) und Joe Cabral (saxophone, bajo sexto, keyboards, vocals) stimmungsvoll und stilsicher spielen, ist eine harmonische Mischung aus TexMex, Conjunto, Soul, Blues und Rock ’n’ Roll, teils fein gewürzt mit Anleihen bei Karibik- und anderen Latino-Rhythmen. Früher dominierte das Saxophon noch mehr als heute, teils spielten gleich zwei Saxophonisten zusammen – und das klang so betörend, dass selbst ich dahinschmolz, obwohl ich überhaupt kein Sax-Fan bin. Wie auf allen Alben ist der Sound der Iguanas auch auf «Juarez» geerdet und unaufgeregt, die Rhythmen sind entspannt und doch treibend. Das ist Americana im besten Sinn.

The Iguanas am 8. März 2014 live an der Eröffnung der Louisana Music Factory (wo das Album und viel andere gute Musik aus Louisiana auch online bestellt werden kann) an der Frenchman Street in New Orleans mit den Songs «Love, Sucker» vom neuen Album «Juarez» sowie «Te Espera Allá En El Bar» vom Album «Sin To Sin» (2013):





25.7.14

Robert Gordon – I’m Coming Home


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Robert Gordon aus Washington D.C. ist eine legendäre Figur im Rockabilly. Dennoch kennen ihn viele nicht. Er hatte schon als Teenager in den 1960er-Jahren eine Band, führte dann aber nach einer frühen Heirat vorerst ein Kleidergeschäft in New York. Mitte der 1970er-Jahre sang er in einer Punkrock-Band, dabei hörte ein Plattenproduzent, wie er einen Elvis-Song sang. Das führte zum ersten eigenen Album des grossartigen Sängers zusammen mit dem Ausnahmegitarristen Link Wray (Robert Gordon & Link Wray, 1977). Für das Nachfolgealbum «Fresh Fish Special» (1978), wiederum mit Link Wray, schrieb Bruce Springsteen den Song «Fire». Beeinflusst von Sängern wie Gene Vincent und Eddie Cochran war Gordon einer der herausragenden Vertreter des Neo-Rockabilly. An der Seite von Willem Dafoe spielte er 1982 im Film «The Loveless», dem Debüt von Katheryn Bigelow mit, für den er auch Musik beisteuerte. Nach zwei Alben Anfang der 1980er («Bad Boy», 1980; «Are You Gonna Be The One», 1981) stockte seine Karriere. Das legendäre französische Label New Rose brachte dann zwei LPs von ihm heraus: «Live at Lone Star» (1989) und «Greetings from New York City» (1991), beide mit dem britischen Gitarristen Chris Spedding, der schon auf «Bad Boy» mitgewirkt hatte. Ein kleines Comeback gelang Gordon 2004 mit dem mehr Country-orientierten Album «Satisfied Mind». «It’s Now or Never» mit Chris Spedding und The Jordanaires (2007) war ursprünglich als «King and I» angekündigt – eine Hommage an Elvis.

Nun meldet sich diese Legende, inzwischen 67-jährig, zurück mit einer sympathischen Mischung aus Rock ’n’ Roll, Rockabilly und Country. Bei zwei Songs ist Marshall Crenshaw als Gitarrist dabei, darunter Crenshaws «Walk Hard». Mit von der Partie sind der Gitarrist Quentin Jones, Bassist Rob Stoner, Drummer Dave Ferrara und als Gast unter anderen auch Drummer David Uosikkinen (The Hooters). Unter den Songs findet man neben dem Titelstück einen weiteren Johnny-Horton-Titel, «Honky Tonk Man», Dorsey Burnettes «It’s Late», Dale Hawkins’ «Heaven», Buck Owens’ «Under Your Spell Again» und Little Richards «Lucille». Das ist alles sehr gekonnt und stimmungsvoll dargeboten, und Robert Gordon ist immer noch ein wunderbarer Sänger.


23.7.14

Yvette Landry – Me & T-Coe’s Country

(Soko Music /
YvetteLandry.com)


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Yvette Landry ist eine vielseitige und sehr aktive Künstlerin. Sie schreibt Songs, die sie auf eigenen Alben veröffentlicht («No Man’s Land», 2013, stand auf Platz 15 meiner Jahresbestenliste; «Should Have Known», 2010, auf Rang 8 meiner 2010 Top 10), sie tritt mit ihrer eigenen Band auf, sie singt und spielt aber auch Bass in der Frauenband Bonsoir, Catin und bei den Lafayette Rhythm Devils (und eben hat sie auch ein Kinderbuch veröffentlicht). Wenn sie nicht mit einer dieser Formationen unterwegs ist, sitzt sie jeden Donnerstagabend in Buck & Johnny’s Pizzeria in Breaux Bridge, Louisiana, keine zwei Blocks von ihrem Haus entfernt, und spielt zusammen mit dem Steel-Gitarristen Richard «T-Coe» Comeaux, den sie seit der Schulzeit kennt, veritable, altmodische Honkytonk-Musik. Mit Songs, die sie da zum besten geben, haben Yvette und T-Coe jetzt im Studio ein höchst stimmungsvolles, schönes Album aufgenommen. Es sind vorwiegend populäre Titel wie «Tennesee Waltz», Hank Williams’ «Cold, Cold Heart», «I Fall To Pieces», Buck Owens’ «Together Again», «It Wasn’t God Who Made Honky-Tonk Angels» und «Hey, Good Looking», dazu zwei eigene Songs von Yvette Landry. Als Bonustrack gibt es eine Aufnahme mit dem Gitarristen Roddie Romero.

Yvette Landry & Richard Comeaux live in Buck & Johnny’s Pizzeria in Breaux Bridge mit «Hey, Good Looking»:



19.7.14

Bonsoir, Catin – Light The Stars

(Valcour Records,
Eunice, LA)


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Die Cajun-Kombo Bonsoir, Catin, die nach «Blues à Catin» (2006) und «Vive L’Amour» (2009) jetzt ein drittes Album veröffentlicht hat, ist für die Beteiligten ein Nebenprojekt. Anya Burgess (fiddle, vocals) spielt auch mit den Magnolia Sisters und ist Geigenbauerin und hat einen Violinen-Shop in Arnaudville in der Nähe von Lafayette; zudem tritt sie mit Kristi Guillory als Duo auf. Kristi Guillory (accordion, vocals) ist auch mit ihrem Midtown Project aktiv. Christine Balfa, Spross einer der bekanntesten Familien in der Cajun-Musik, hat ihre Band Balfa Toujours. Yvette Landry (bass, vocals) spielt auch mit den Lafayette Rhythm Devils, vor allem aber als Singer/Songwriterin mit eigener Band. Maegan Berard (electric guitar, vocals), die Tochter des bekannten, inzwischen verstorbenen Cajun-Musikera Al Berard, die neu zu Bonsoir, Catin gestossen ist, spielte in der Band des Vaters (The Basin Brothers) und ist auch Mitglied der Frauentrios Sweet Cecilia. Neu dabei ist auch Danny Devillier (drums), der daneben von Rock 'n' Roll bis Jazz fast alles spielt.
Auf den früheren Alben standen Cajun-Traditionals im Vordergrund, auf dem neuen Werk stammt die Mehrheit der Songs aus der Feder von Kristi Guillory, die meisten im eigenwilligen Louisiana-Französisch der Cajuns und auch ganz im entsprechenden, gleichzeitig etwas roh wie auch elegisch klingenden Musikstil. Sie tragen Titel wie «C'est pas eux-autres à dire» und «Faut tu voir». Daneben gibt es Covers etwa von Big Joe Williams («Baby, Please Don’t Go») und Tara Nevins von der Band Donna the Buffalo («Revelation Tow-Step») – und auch zwei Traditionals: «Hackberry Two-Step» und «Moi l’aime une petite fille».

Bonsoir, Catin live mit Yvette Landry als lead vocalist:



18.7.14

Colleen Rennison – See the Sky About to Rain

(Black Hen Music)

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Was für eine Sängerin! Die 26-jährige Kanadierin Colleen Rennison ist Schauspielerin (erste Filmrolle mit 7) und Sängerin. Einerseits singt sie in ihrer Band No Sinner (ihr Nachname rück-
wärts …), anderseits hat sie jetzt auch ein Soloalbum mit einem Dutzend Coverversionen aufgenommen, das musikalisch weitgehend geprägt wird vom kanadischen Produzenten und Multiinstrumentalisten Steve Dawson (electric guitar, acoustic guitar, baritone guitar, National guitar, dobro, slide guitar, pump organ, banjo, pedal steel, mellotron, Weissenborn, mandotar). Und von Colleen Rennisons grossartigem Gesang.

Mehrere Songs stammen von Kanadiern: Der Titelsong ist von Neil Young, «All La Glory» und «Stage Freight» sind von Robbie Robertson, «Why Don’t You Try» ist von Leonard Cohen, «Coyote» von Joni Mitchell, «Oleander» von Sarah Hamer. Meine beiden Lieblingssongs auf diesem wunderschönen Album sind von Amerikanern: «Blue Wing» von Tom Russell und «White Freightliner» von Townes Van Zandt.



14.7.14

Blackie and the Rodeo Kings – South

(File Under: Music)

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Blackie and the Rodeo Kings, kurz BARK, ist seit 17 Jahren ein Nebenprojekt der kanadischen Singer/Songwriter Colin Linden, Stephen Fearing und Tom Wilson. Eigentlich kamen sie «nur» für ein Tributalbum für den kanadischen Songwriter Willie P. Bennett, der alle drei beeinflusst hat, zusammen – «South» ist nun aber schon ihr achtes Studioalbum. Ausserhalb Kanadas ist diese wunderbare Band, die 2011 ein Album mit Gastsängerinnen wie Emmylou Harris, Rosanne Cash, Lucinda Williams, Exene Cervenka und Patti Scialfa («Kings & Queens») veröffentlichte, kaum bekannt.
Neben einem Bennett-Titel singen und spielen sie auf ihrem neuen Album eigene Songs. Die Lead-Stimmen wechseln sich, doch es bleibt durchgehend ein wunderschön warmer Ton.



13.7.14

The Cactus Blossoms – Live at the Turf Club

(self-released)

***

Die Brüder Jack Torrey und Page Burkum aus Minneapolis pflegen als The Cactus Blossoms den klassischen Country-Stil der 1950er- und 1960er-Jahre. Neben ihrem schönen Harmoniegesang überzeugen auf ihrem Live-Album, aufgenommen am 5. Juli 2013 im Turf Club in St. Paul, MN, vor allem auch die Begleitung durch Steel-guitar und Dobro (Randy Broghten), Fiddle (Jed Germond) und Handorgel (Patrick Harison). Neben Klassikern wie «San Antonio Rose», «Down South in New Orleans», «Crazy Arms» (Video unten), und «Travelin’ Blues» gibt es auch ein paar Songs, die Jack Torrey geschrieben hat.



12.7.14

Amy McCarley – Jet Engines

(self-released)

****1/2

Eine ganz tolle Stimme aus Huntsville, Alabama: Amy McCarley. Die Singer/ Songwriterin hat 2001 ein erstes Album veröffentlicht, dies ist nun ihr zweites. Zehn eigene, starke Songs, begleitet weitgehend durch den grossartigen Gitarristen Kenny Vaughan, der das Album mit dem zweiten Gitarristen George Bradfute auch produzierte.


Amy McCarley und das Kenny Vaughan Trio live mit dem ersten Song vom Album, «Everybody Wants To»:


11.7.14

Olassa – I Love You Come Back to Me

(self-released)

****

Ein Akkordeon, eine Tuba, eine akustische Gitarre, eine Frauenstimme – was für ein Sound! Das Video des Songs «Pretty Flowers» lief noch keine Minute, als ich schon auf der Webseite des Trios Olassa aus Lawrence, Kansas war, um dessen erste EP zu bestellen. Sechs Songs umfasst sie, drei singt Allison Olassa (vocals, accordion, piano, guitar, microrgan, upright), drei singt Cain Robberson (vocals, guitar, upright); der dritte im Bunde ist Tyler Bachert (vocals, tuba, drums). 
Ein vielversprechendes Debüt. Mehr soll bald folgen, wie mir Cain Robberson versicherte: «We are about to drop an LP soon.»


10.7.14

Dave Alvin & Phil Alvin (Play and Sing The Songs of Big Bill Broonzy) – Common Ground

(YepRoc)


***1/2

«We argue sometimes, but we never argue about Big Bill Broonzy», sagt Dave Alvin über die erste  Zusammenarbeit mit seinem Bruder Phil seit vielen Jahren – es hiess, die beiden seien zerstritten. Die Alvin-Brüder wieder einmal gemeinsam auf einem Album, dazu auf einigen Tracks auch noch Pianist Gene Taylor – das ergibt fast ein veritables, neues Album der Blasters, meiner Lieblings-Rock-’n’-Roll-Band der 1980er. Nur dass sie keine eigenen Song spielen, sondern ein Dutzend der rund 350 Songs, die der legendäre Blues-Musiker Big Bill Broonzy (1893 oder 1898–1958), einer der Urväter des Rock ’n’ Roll, geschrieben hat. Ein schönes Album, dass nicht schwergewichtig nach Blues, sondern auch nach Rockabilly und Country klingt. Phil Alvin ist nach wie vor ein herausragender Sänger, Dave Alvin ein exzellenter Gitarrist; seine Songwriter-Qualitäten kommen hier nicht zum Zug. Unterstützt werden die Alvin Bros. durch die Bassisten Bob Glaub und Brad Fordham sowie die Drummer Don Heffington und Lisa Pankratz.


9.7.14

Wylie and the Wild West – Relic

(Hi-Line Records)

****


Wylie Gustafson, der jodelnde Cowboy aus Montana, lässt auch nach einem Vierteljahrundert im Geschäft den Country-Sound der 1950er und 1960er immer noch frisch und attraktiv klingen. Auch wenns nicht immer einfach ist: «I can tell you that being a ’yodeling cowboy’ in the 21st century is not the easiest way of making living … but it has never failed to be rewarding. Like a coyote eking out a living on the remote American plains we have somehow survived against all odds.»


Joe King Carrasco y El Molino – Rucca

(Anaconda)

***1/2


Was macht eigentlich Joe King Carrasco, der legendäre TexMex-Rock’n’Roller?, fragte ich mich unlängst und googelte ihn. Und siehe da: Schon seit ein paar Jahren veröffentlicht er auf seinem eigenen Label Album um Album. Und dies, wie das neueste Werk «Rucca» zeigt, in alter Frische, obwohl Joseph Teutsch, wie er bürgerlich heisst, inzwischen auch schon ein ganzes Stück über 60-jährig sein muss – er schafft es, dass sein Geburtsjahr auch z.B. auf Wikipedia und Allmusic nicht genannt wird.

CDs und mehr gibts auf seiner Website.